Claude Haas / Daniel Weidner (Hg.): Benjamins Trauerspiel. Theorie – Lektüren – Nachleben

Berlin: Kulturverlag Kadmos. JUNI 2014. 262 SEITEN. ISBN 978-3-86599-237-6. 24,90 EUR.
Mit Beiträgen von Bernhard Greiner, Claude Haas, Romain Jobez, Sientje Maes, Bettine Menke, Jane O. Newman, Bart Philipsen, Marc Sagnol, Hans-Jürgen Scheuer, Franziska Thun-Hohenstein, Daniel Weidner und Sigrid Weigel.

Religion und Moderne lassen sich heute nicht mehr als Antagonismen begreifen. Ihre Verschränkungen und Korrespondenzen zeigen sich bereits mit einem Blick auf die Kulturder Frühen Neuzeit. Ein differenziertes Verständnis von Säkularisierung antizipiert Walter Benjamins lange verkanntes Hauptwerk »Ursprung des deutschen Trauerspiels« (1928), das in den letzten Jahren verstärkt in den Mittelpunkt neuerer Studien zum barocken Theater aufrückte. Der Band stellt die politischen, religionshistorischen und ästhetischen Grundgedanken des Trauerspielbuches vor, er situiert es in den philosophiegeschichtlichen und tragödientheoretischen Kontexten seiner Zeit und er diskutiert Chancen und Grenzen seiner Theoriebildung für die Untersuchung von Drama und Theater vom 17. bis zum 20. Jahrhundert.

In den Blick geraten die Felder der Souveränität, der Intrige, der Allegorie, der Ostentation des Spiels und der Trauer, die in ihren Neuerungen, Akzentverschiebungen und Querverbindungen zu den Tragödientheorien von Benjamins Zeitgenossen (Lukács, Schmitt) und Nachfolgern (Goldmann, Szondi, Steiner) beleuchtet werden. Die Untersuchungen zum Theater der Frühen Neuzeit konfrontieren das Trauerspiel des deutschen Barock mit dem von Calderón oder Shakespeare wie mit der Tragödie der französischen Klassik und spüren mit Benjamin den religions- und kulturgeschichtlichen Fundamenten und Folgen des ausgestellten Spielcharakters der Stücke nach. Die Zusammenhänge von selbstreflexivem Spiel, verfehlter Tragik, Trauer und Klage verfolgen auch die Studien zum Nachleben des Trauerspiels auf den Opern- und Theaterbühnen seit dem 18. Jahrhundert, deren Spannbreite von Schiller und Grabbe über Brecht und Višnevskij bis hin zu Richard Wagner reicht.

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